Wenn es um das Thema Grillen geht, laufen die Herren der Schöpfung zur Höchstform auf. Denn grillen hat was: es ist ist archaisch und männlich.
Grillen ist Männersache
Warum das so ist, erklärt Dr. Helene Karmasin von der Karmasin Motivforschung in Wien. Sie betont, dass es beim Essen um mehr als um die Aufnahme von Nährstoffen und Kalorien geht. Es geht um viele subjektive Wünsche und Bedürfnisse.
Eines der wichtigsten Motive ist dabei Genuss: Essen ist eine wichtige Möglichkeit, sich direkt Lust zu verschaffen. Dazu kommt ein dem Subjektiven übergeordneter Bereich: das System der Küche.
Unsere Selektion, Kombination und Präsentation von Lebensmitteln, unsere Wahl von Essgelegenheiten und Anlässen sind in hohem Ausmaß vom System der Küche bestimmt.
Wir müssen wissen, was einzelne Lebensmittel bedeuten, wie man sie richtig zu einer Mahlzeit kombiniert und welche Kombination für eine Mahlzeitenfolge angemessen ist.
Zudem ist Essen Ausdruck gesellschaftlicher Denkkategorien. An der Art, wie eine Gesellschaft ihre Mahlzeiten gestaltet, lässt sich ablesen, welche Ideen und Konzepte darin verwirklicht werden.
Das gilt auch für das Grillen als spezieller Essanlass mit spezifischen Lebensmitteln und besonderer Zubereitungsform: Grillen ist Männersache. Fleisch steht im Fokus.
Symbol für Männlichkeit
Fleisch ist in unserer Küche ein sehr wichtiges Lebensmittel, mit dem wir viele Funktionen erfüllen können, die wir wiederum brauchen, um angemessene soziale Beziehungen herzustellen.
Grillen findet bevorzugt im Freien statt. Esssitten, Geschirr und Dekoration sind einfach und informell.
An einer Grillsituation nehmen meist mehrere Personen teil. Die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen. Dazu werden einfache Getränke wie Bier serviert.
Die semantischen Aspekte dieser Situation sind durchgehend: archaisch, einfach, informell, männlich und gemeinschaftsbildend. Zentral zu diesem Bedeutungsaufbau trägt die Tatsache bei, dass diese Mahlzeit auf Fleisch basiert und dass das Fleisch auf offenem Feuer zubereitet wird – und zwar von Männern. Noch immer grillen hauptsächlich Männer – während Frauen die Salate zubereiten.
Fleisch markiert in unserem Gesellschaftssystem die Achse des Männlichen. Wir verbinden es mit Kraft, Genuss, Energie und mit hochstehend.
Pflanzliche Lebensmittel stellen demgegenüber die Achse des Weiblichen dar: friedlich, nicht hochstehend.
Faszination Feuer
Grundsätzlich gilt: je mehr Kontakt mit Hitze bzw. mit Feuer, desto wertvoller und männlicher. Als weiblich gilt die Abwesenheit von direktem Feuer wie beim Backen oder Kochen in Wasser.
Grillen bringt daher noch eine weitere Idee zum Ausdruck: Es ist ein „festival of fire”. Männer dokumentieren hier, wie gut sie mit dem gefährlichen Element des Feuers umgehen können, wenn sie die Fleischstücke auf dem Rost zubereiten.
Sie erscheinen in einer Rolle, die ihnen die moderne Welt in dieser Form nur noch selten zugesteht: als Träger von Macht, Kraft und Verteilungsgerechtigkeit.
Grillen stellt somit eine Veranstaltung dar, die eine Konzeption des Wünschenswerten inszeniert, die uns die moderne Welt sonst nicht bietet. Eine Utopie des einfachen und ursprünglichen Lebens.
Jede kluge Frau weiß das – und lässt „ihn“ gewähren. Er grillt … und ist glücklich.
Text: Redaktion GuR
Fotos: Nubassa Gewürzwerk / 575940_original_R_K_B_by_Klaus-Steves_pixelio.de / BLBild14753A02MEV59019 / BLBild40166-4