Milchkühe und Baumkängurus in Queensland: Auf unserer Tour fanden wir weit mehr als nur das Great Barrier Reef und die Wüste. Denn zwischen Plantagen und Regenwald wird in den Atherton Tablelands bei Cairns viel produziert, was die Menschen in der Hauptstadt Brisbane essen und trinken.

Hart trommelt der Regen auf das Wellblechdach des Baumhauses, es hört sich fast an wie Gewehrschüsse. Von den merkwürdigen Vögeln auf dem Boden, die nicht fliegen, ist nichts zu sehen, sie haben sich ins dichte Unterholz zurückgezogen. Sonst kommen sie, wenn Trockenfutter von der Terrasse herabgeworfen wird, und streiten sich um die Brocken, wobei eine strenge Hackordnung herrscht.

Die kleinen Baumkängurus, die sich gern an dem Festmahl beteiligen wollen, haben gar nichts zu melden. Zeitvertreib im Baumhaus. Nötig ist das nicht, denn der Blick von der Terrasse ist Zeitvertreib genug.

Dabei gibt es gar nicht viel zu sehen: Tropischer Regenwald schließt sich um einen kreisrunden, komplett zugewachsenen See, ein erloschener Vulkankrater. Ein grasbewachsener Weg führt um den See. Die Atmosphäre ist zauberhaft, unwirklich, wie auf einem fremden Planeten, und als das Gewitter abzieht, ist es geradezu unheimlich still.

Dieser magische Ort, das Mt. Quincan Crater Retreat, liegt eine gute Stunde von Cairns entfernt, der größten Stadt im Norden von Queensland. Obwohl Dutzende Kilometer hinter der Küste, ist hier noch nichts vom australischen Outback zu spüren, der roten Wüste, die das Innere des Kontinents bedeckt.

Milchkühe und Baumkängurus

Hier, rund um den Lake Tinaroo und nördlich davon, ist fruchtbares Land, bestens geeignet für Landwirtschaft, aber immer wieder wechseln sich Äcker und Weiden mit dichtem Regenwald ab. Milchkühe und Baumkängurus, Nussfarmen und Kaffeeplantagen, tief im Wald verborgene Wasserfälle, Savanne und Feuchtgebiete: Die Atherton Tablelands sind Australien in Miniatur, abzüglich der Wüste. Das Retreat mit seinen sechs Baumhäusern ist ein idealer Ausgangspunkt, um die Tablelands zu erkunden.

Baumkängurus in QueenslandAm besten lässt sich die Vielfalt der Landschaft auf einer geführten Tour erleben. Warwick James hat einen bequemen Kleinbus, in dem wir einen ganzen Tag auf der Food Trail Tour durchs Land fahren.

Der Einmann-Unternehmer weiß spannend zu erzählen, nicht nur über das, was hier angebaut und produziert wird, sondern auch über die kleinen historischen Orte, durch die wir kommen, über die Geschichte des Landes und seiner Bewohner.

Mit einem „Morning Tea“ im fast 100 Jahre alten Teehaus am Lake Barrine beginnt die Tour. Ein Abstecher zu über 1000 Jahre alten Baumriesen lässt staunen; mehr noch die gewaltigen Feigenbäume, deren Wurzelwerk sich wie ein riesiger hölzerner Vorhang spannt, was ihnen den Namen Curtain Fig Tree eingebracht hat.

Welcher Kontrast zu den mitteleuropäisch anmutenden weiten Weiden einige Kilometer weiter, mit friedlich grasenden Kühen, deren Milch Gallo Dairyland zu Käseprodukten verarbeitet! Besucher können einen Blick in den Stall und die Melkanlage werfen, besonders für Kinder ist das spannend. Anschließend wird der Käse probiert – und Schokolade, die ebenfalls hier produziert wird.

Eine ganz andere Welt präsentiert sich auf einer Plantage, bei der wir erst einmal rätseln, was denn hier angebaut wird. Die niedrigen Bäume stehen in Reih und Glied, und Greg O’Neill fragt uns, wozu wohl die seltsamen Rechen benutzt werden, die so aussehen wie Sammelmaschinen für Golfbälle. So weit entfernt liegt die Antwort gar nicht: Statt Golfbällen sammelt der Rechen Macadamia-Nüsse.

Das fertige Produkt, in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen, präsentiert Greg uns in der Scheune. Geröstet, Natur, mit Honig, Wasabi, Sour Cream, Schokolade – Macadamias sind sehr variabel. Wondaree heißt die Plantage, sie kann nur im Rahmen der Tour besucht werden.

Tropische Versuchung

Sicher nicht jedermanns Geschmack treffen die Weine, die de Brueys aus tropischen Früchten produziert. Doch viele Brautpaare entscheiden sich für ihre Hochzeitszeremonie für das Gut, das die schöne Umgebung und die schlauerweise errichtete Hochzeitskapelle als Pluspunkte anführen kann.

Zur Trauung gibt es dann „Tropische Versuchung“ (ein Irish Cream Likör) oder einen süßen Mangowein – es muss ja nicht immer Champagner sein. Immerhin haben die Fruchtweine zahlreiche Auszeichnungen gewonnen.

Wer auf so viel Süßes einen kräftigen Kaffee braucht, kann ja noch bei Jaques Kaffeeplantage vorbeischauen.

Australier machen, nicht anders als Italiener oder Österreicher, viel Aufhebens um ihre Kaffeekultur. „Short black“ oder „Flat white“ – damit ist die Wahl eröffnet. Hier in der Nähe von Mareeba wachsen an 85.000 Pflanzen die Bohnen, aus denen das Kultgetränk gewonnen wird, das unter anderem gern in den Cafés von Brisbane konsumiert wird.

Hauptstadt mit Strand

Und von denen gibt es wahrlich viele in der Hauptstadt von Queensland! Beiderseits des Brisbane River erstreckt sich die lebensfrohe Zwei-Millionen-Metropole, in der man sich auch durch die Küchen aus aller Herren Länder schlemmen kann.

Der Fluss mäandert hier so kurz vor dem Meer sehr stark; wenn man die Stadt vom Wasser aus betrachtet, ist der dauernde Perspektivwechsel höchst verwirrend. Auf welcher Seite ist man denn gerade, South Bank oder North Bank?

„Das spielt durchaus eine große Rolle“, sagt Christopher Alderson. „Der Fluss ist eine Trennungslinie, Business im Norden, Kultur im Süden“, erklärt der gebürtige Engländer, der seit über 25 Jahren in Queensland und seit über zehn Jahren in Brisbane lebt und zu den rund 200 „City Greeters“ gehört, die Besuchern unentgeltlich „ihre“ Stadt zeigen, also ihre ganz persönliche Führung machen. Eine bessere Möglichkeit zur Erkundung der Stadt gibt es wohl kaum. Natürlich werden die Highlights nicht ausgespart, also etwa das GoMA, die Gallery of Modern Art auf der South Bank, eines der führenden Museen für Moderne Kunst weltweit.

„Wollt ihr an den Strand?“, fragt Christopher. Klar wollen wir, aber müssen wir dafür nicht weit fahren? Der City Greeter grinst fröhlich. „Hier sind wir schon.“ Die South Bank Parklands entlang des Flussufers bieten weißen Sand, Palmen und perfektes Strandfeeling, nur eben nicht am Meer, sondern mit Blick auf die Wolkenkratzerkulisse.

Bei Einheimischen wie Besuchern ist der Strand sehr beliebt, und mitten drin ist eine Anlegestation der CityCats. „Das ist eigentlich der beste Weg, um Brisbane erst einmal kennenzulernen“, sagt Christopher.

Die schnellen Katamaran-Fähren, die Aborigines-Namen tragen, flitzen den Fluss entlang, mit Stationen an beiden Ufern, wo sich die Stadt von ihrer attraktivsten Seite präsentiert. „Natürlich gibt es auch die ärmeren Viertel“, weiß unser Guide, „und das Bild der Stadt verändert sich schnell. Die meisten Industrien sind verschwunden, heute ist Brisbane mehr eine Verwaltungsstadt. Eine Kirche im Valley kümmert sich um die Arbeits- und Obdachlosen, und drumherum entsteht gerade ein neues In-Viertel.“

Aber bitter klingt der City Greeter nicht. „Brisbane hat eine hohe Lebensqualität. Die hatten Teile des heutigen Stadtgebiets auch früher schon, für die Aborigines.“ An der Anlegestelle New Farm Park steigen wir aus, und Christopher erklärt, dass hier die Aborigines in früheren Zeiten viel Nahrung fanden, weshalb das Gebiet bei ihnen sehr beliebt war.

Wir finden ebenfalls ein reichliches Nahrungsangebot bei unserem Spaziergang durch die Viertel New Farm, Fortitude Valley und Spring Hill. Es gibt immer einen guten Grund für einen kurzen Essensstop oder eine Kaffeepause, und der Greeter muss viele Bekannte grüßen. Die Kaffeepausen allerdings kosten Zeit, denn bei ihrer Kaffeeverliebtheit brauchen die Australier stets sehr lang, bis ihr Lieblingsgetränk trinkfertig serviert werden kann.

Zum Abendessen im „Pony“ gibt es Wein aus Queensland. Zwar sind die australischen Bundesstaaten Süd- oder Westaustralien bekannter für ihre Weine, aber auch Queensland hat hohe Qualität zu bieten.

Deshalb machen wir uns auf zu O’Reillys Rainforest Retreat, das im Hinterland der Gold Coast, im Lamington Nationalpark südlich von Brisbane liegt. Das abgelegene Resort im Regenwald, das seit bald 100 Jahren Gäste empfängt, ist am besten mit dem Helikopter zu erreichen.

Uns präsentiert sich ein Paradies für Naturliebhaber, das 160 Kilometer Wanderwege und abenteuerliche Touren auf Baumwipfelpfaden bietet und ganz besonders Vogelfreunde begeistert: Mehr als 250 Arten sind hier zu beobachten. Aber O’Reillys hat mit den Canungra Valley Vineyards auch ein eigenes Weingut.

Und unser perfekter Tag findet ein perfektes Ende, denn nach einer Verkostung – Semillon und Sauvignon Blanc für die frischen Weißen, für die gehaltvollen Roten Merlot, Tempranillo und Shiraz – werden die Picknickkörbe gepackt, und dann geht es auf die Wiese, durch die ein Bach plätschert, und hier können wir das Studium der Weine eingehend vertiefen.

Weitere Informationen:

Text: Bernhard Mogge
Fotos: Bernhard Mogge und O’Reillys

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