Die Currywurst ist das kulinarische heimliche Wahrzeichen der Hauptstadt. Sie gehört zu Berlin wie das Brandenburger Tor. Kein anderes deutsches Nationalgericht inspiriert so viele Geschichten, Vorlieben und prominente Bekenner. Folgen Sie uns zur ganz besonderen Wurst …

An der Currywurstbude sind alle gleich. Der legendären Wurst ist sogar ein Museum gewidmet – das einzige seiner Art zu diesem Thema. Die Kultwurst mit der roten Soße… in Berlin schlug ihre Geburtsstunde.

Ist sie nun ein West- oder gar ein Ostprodukt? Und wie kam die „rote Soße“ dazu? Denn sie ist das wahre Geheimnis der Currywurst – schließlich wäre sie sonst auch nur eine normale Bratwurst.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtWie alles begann?

Currywurst ist in Berlin ein Lebensgefühl, sie ist Kult. An dieser Wurst scheiden sich die Geister. Sie gilt nicht nur als das Lieblingsmenü in deutschen Kantinen, sondern hat es auch vom Imbiss-Renner zum Edel-Snack geschafft.

Rund 800 Millionen Currywürste verdrücken wir Bundesbürger jedes Jahr. In den 1960er Jahren wurde die Currywurst in Ost-Berlin bekannt durch Konnopke’s Imbiß.

Erfunden wurde sie, so die Legende, von der 1999 verstorbenen Berlinerin Herta Heuwer. Am ehemaligen Standort ihres Imbisses wurde 2003 eine Gedenktafel zu ihren Ehren angebracht.

Belegt ist, im Jahre 1949 entwickelte die Heuwer zur Brühwurst eine rote Chillup-Soße, die sie sich zehn Jahre später patentieren ließ, als Wort-Bild-Marke „Chillup“.

Sie bestand zeitlebens darauf, weder Ketchup noch eine fertige Würzmischung verwendet, sondern die Sauce mit Tomatenmark angerührt und mit einzelnen Gewürzen abgeschmeckt zu haben. Noch im hohen Alter wird sie als „Erfinderin der Currywurst“ gefeiert.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtMuseum für die Wurst

Im 2009 in Berlin eröffneten Deutschen Currywurst Museum wird darüber und über andere mögliche Ursprünge berichtet. Das Deutsche Currywurst Museum widmet sich der Currywurst in einer einzigartigen Erlebnisausstellung.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtIn einer begehbaren Imbissbude wechseln die Besucher die Perspektive und können hinter die Kulissen blicken.

In der Gewürzkammer lüften sie das Geheimnis des Currypulvers. In der simulierten Wohn- und Experimentierküche von Herta Heuwer wird das Lebensgefühl Ende der 40er Jahre und die Erfindung der Chillup-Soße nachempfindbar.

Auf drehbaren Lamellen erfährt der Besucher Wissenswertes von der Erfindung der Pappschale bis hin zur Ökobilanz von Frischfaserpappe. Auch die Entwicklung und den Stellenwert von Fast- und Convenience-Food greift die Ausstellung auf.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtÜberraschende Fakten werden anschaulich auf dem Zeitstrahl präsentiert, z. B. dass es „Essen to go“ schon vor über 5.000 Jahren gab. Mit Blick auf die Gegenwart veranschaulichen vier unterschiedlich gefüllte Kühlschränke auf originell Weise Informationen zur Konsumententypologie.

Das Kino im Museum zeigt den humorvollen Film „Best of the Wurst“ und eine Wandinstallation mit integrierten Bildschirmen vermittelt die Bedeutung der Currywurst im TV.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtEine Kostprobe des Objekts der Begierde, in der museumseigenen Darbietungsform einer “Currywurst in the Cup”, ist im Eintrittspreis inbegriffen. Das gastronomische Angebot umfasst verschiedene Variationen von Currywurst und Sauce im Rahmen einer Currywurst-Degustation.

Was ist drin in der Wurst

Einer der es genau weiß ist Richard Mischau, Inhaber und Geschäftsführer der Mischau GmbH & Co.KG, einer der ältesten mittelständigen Wurst und Fleischwarenproduzenten in Berlin, oder wie er betont, die Macher der Berliner Wurstkultur.

Das Familienunternehmen ist seit über 75 Jahren nicht nur ein Synonym für die Stadt in Sachen Currywurst. Es verkauft über 250 Tonnen Currywurst mit und ohne Darm jährlich. „Das sind bei einem Stückgewicht von 85 bis 100 g ca. 2,7 Mio. Currywürste im Jahr“, sagt der Currywurstchef. Zu den Abnehmern gehören heute nicht nur die Handelsketten und Supermärkte, sondern auch zahlreiche Currywurstverkäufer in Stadt und Region, wie z. B. Curry 36, die über die Grenzen Berlins hinaus bekannte Imbisskette aus dem Berliner Ortsteil Kreuzberg. Sie ist neben Konnopke’s Imbiss eine der beliebtesten Currywurstbuden Berlins.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtDas eigentliche Geheimnis der Currywurst ist nicht nur die Soße, sondern die Frage: „Mit oder ohne Darm?“

Bei den Würsten handelt es sich meist um feine, vorgegarte Brühwürste mit oder ohne Darm. Bei der echten – ohne Darm –  ist, wie in denen von Mischau auch, außerdem Currypulver als Zusatz im Brät enthalten.

Die Currywurst wird regional unterschiedlich zubereitet. Teilweise wird die Sauce erwärmt, teilweise mit Currypulver gewürzt. Anforderungen zur Beschaffenheit der Berliner Currywurst wurden bereits 1951 zwischen den Berliner Behörden und der Fleischerinnung abgesprochen. Daraus ergab sich eine sogenannte Berliner Verkehrsauffassung, die von der zuständigen Landesbehörde festgeschrieben 1967 veröffentlicht wurde.

Die Wurst muss eine feine, nicht gepökelte und nicht geräucherte Bratwurst mittlerer Qualität mit einem maximalen Fremdwasserzusatz von fünf Prozent sein.

Berliner Currywurst besteht aus hellem Brät (Fleisch-/ Fettmasse) und zählt zur Familie der Brühwürste. Zur Herstellung der Currywurst ohne Darm wird ein spezielles Verfahren verwendet, dabei wird das breiförmige Brät über einen langen Schlauch in ein warmes Wasserbad geleitet. Dort steift das im Brät enthaltene Eiweiß aus. Anschließend werden die Wurstschlangen auf Länge geschnitten.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtDie alternative Currywurst mit Pelle ist eine Dampf- oder Bockwurst. Gebraten wird Currywurst in Berlin traditionell im Fett- bzw. Ölbad. Eine “echte Berliner Currywurst ist die ohne Darm”, davon sind nicht nur die eingefleischten Experten wie Richard Mischau überzeugt.

Doch es gibt gegenwärtig zwischen Nordsee und Erzgebirge sehr unterschiedliche Angebote in Sachen Currywurst, ganz zu schweigen von den vegetarischen bzw. veganen Offerten der Imbissbuden. Auch die Soßen bleiben die Geheimnisse der Anbieter.

Currywurst Original Ost

In den 1960er Jahren wurde die Currywurst auch in Ost-Berlin Kult. Maßgeblichen Anteil daran hatte der Konnopke’s Imbiss unter der Hochbahn im Prenzlauer Berg, dem sogenannten Magistratsschirm.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtAngeboten wurde zu DDR-Zeiten nur Currywurst ohne Darm. Damals gabe es die Wurst ungeschnitten am Stück mit Currypulver und kalter Ketchup-Sauce. Schon 1930 verkauften Max Konnopke und seine Frau Charlotte Bockwürste, Knacker und Wiener in dem Kiez und entwickelten ein florierendes Unternehmen. Seitdem geht es hier vor allem um die Wurst – in Kriegszeiten auch mal um Kartoffelpuffer.

Ab 1960 gab es hier die erste Ost-Berliner Currywurst, mit Ketchup nach Familienrezept. Konnopke wurde Kult – und ist bis heute ein Betrieb in Familienhand. 2020 feierte er das 90. Firmenjubiläum. Seit 2014 führen das Unternehmen am Traditionsstandort Waltraud Ziervogel und ihre Tochter Dagmar Konnopke gemeinsam.

2012 eröffnet Mario, der Sohn von Besitzerin Waltraud Ziervogel, der zuvor viele Jahre Seite an Seite mit der Mutter arbeitete, einen eigenen Imbiss – unweit vom Standort der Mutter. Das gab nicht nur böses Blut, sondern einen wahrlichen „Currywurst-Krieg“. Dieser endete mit einem Zerwürfnis zwischen Mutter und Sohn.

“Jeder solle essen was ihm schmeckt, oder worauf er Lust habe”, dies betont Mario Ziervogel, seines Zeichens Inhaber von “Ziervogl’s Kult-Curry Berlin” in der Schönhauser Allee, 10 Gehminuten vom  Standort einer der legendärsten Imbissbuden im Prenzlauer Berg entfernt. Er ist ein Enkel von Max Konnopke, der die populäre Berliner Currywurst-Dynastie gründete.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtIn diesem Jahr feiert er nun sein zehnjähriges Firmenjubiläum: “Über „Ziervogel’s Kult-Curry” haben die Kunden entschieden”, erklärt der Chef heute, der stolz ist darauf, dass seine Currywürste und die Soße auch heute noch dem Original des beliebten Familienrezeptes der Ziervogels entsprechen.

Ganz der Tradition gemäß beliefert ihn exklusiv die Fleischerei Gottschlich im Kiez. Die Kult-Curry-Wurst wird in der Porzellanschale serviert mit hausgemachter Currysauce in verschiedenen Schärfegraden – Grundsubstanz ist stets Werder-Ketschup. Ein Besuch in Ziervogel’s Kult-Curry ist ein Muss für jeden Berlinbesucher.

Berlin: die Currywurst, das heimliche Wahrzeichen der HauptstadtDie Berliner Curry Cuisine hält viele Überraschungen bereit und ist so vielschichtig wie die Stadt selbst.

Ob Dom Curry am Gendarmenmarkt mit seinem Angebot für eilige Gourmets, Curry 36, die Berliner Currywurst-Institution am Mehringdamm in Kreuzberg, oder Krasselt´s Imbiss in Steglitz, wo noch stilecht mit Holzspießen serviert wird, oder Curry61 in Berlin Mitte. Oder eben die legendäre Currywurstbude am alt bewährten Standort unter der Hochbahn im Prenzlauer Berg sowie Curry & Chili als Berlins schärfster Imbiss: Sie alle eint Eines, die Liebe zur Currywurst. Und wie Herbert Grönemeyer treffsicher schon vor Jahren feststellte: Gehste inne Stadt – wat macht dich da satt – ‘ne Currywurst!

 

Text: Dr. Michael Polster
Fotos: visitBerlin ©Philip-Koschel / ©Currywurst Museum Berlin / ©Mario Ziervogel / ©Konnopke / ©Mischau / ©Dr. Michael Polster

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