Wenn wir in der Nähe von Berlin zu tun hatten, war stets ein fester Fixpunkt in unserem Terminkalender das Bayerische Haus in Potsdam und ein Abend im Gourmetrestaurant von Alexander Dressel. Wir erinnern uns an viele schöne Stunden mit tollen Gourmeterlebnissen. Einige Rezepte von Alexander Dressel, die wir verraten bekamen, finden Sie in unserem Rezeptarchiv unter Gourmetrezepten.

Aus für einen Meilenstein der Brandenburgischen Spitzenküche

Das Bayrische Haus in Potsdam verabschiedet am 29. August seine letzten Gäste. Der Unternehmer Karl Dürbeck hatte die Immobilie im Jahr 1999 erworben und 2001 als Hotel wiedereröffnet. Nach seinem Tod ging der Besitz an die Erbengemeinschaft der Familie über, die das Bayrische Haus nun an eine Klinikgruppe verkauft hat.

Das Vier-Sterne-Superior-Hotel befindet sich inmitten des romantischen Potsdamer Wildparks, fernab vom Straßenlärm und nur 10 Minuten vom Park von Sanssouci entfernt.

Alexander Dressel: Gastgeber aus LeidenschaftPreußens König Friedrich Wilhelm IV. schenkte das im bayerischen Blockhausstil erbaute Haus 1847 seiner heimwehkranken bayrischen Gemahlin Elisabeth. Als besondere Attraktion wurden sogar Gemsen aus Bayern nach Potsdam geschafft und in einem nahen Gehege untergebracht.

Nach dem Tod des Königspaares geriet das Bayrische Haus ein wenig in Vergessenheit. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde es als Ausflugsgaststätte genutzt und später zum »Forstarbeiterheim« umfunktioniert.

Nach der Wende 1990 wurde es zum Hotel umgebaut, bereits 10 Jahre später nochmals aufwändig saniert und im Juli 2001 als elegantes Fünf-Sterne-Hotel neu eröffnet.

Nach jahrelanger Zugehörigkeit zu Relais & Chateaux (2003 – 2018), war das Hotel seit Juli 2018 Mitglied von Romantik Hotels & Restaurants.

Mit der Wiedereröffnung als Hotel im Jahr 2001 wurde mit dem Bayrischen Haus ein Aushängeschild der Brandenburger Hotellerie und Gastronomie geschaffen.

Das Hotel empfing in den zwei Jahrzehnten seines Bestehens nicht nur Besucher aus aller Welt, sondern war auch Schauplatz internationaler Veranstaltungen mit Politikern und prominenten Persönlichkeiten.

Vor Kurzem noch hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dort die deutschsprachigen Staatsoberhäupter von Belgien, Liechtenstein, Luxemburg, Österreich und der Schweiz begrüßt.

Umso schwerer ist der Familie die Entscheidung zum Verkauf gefallen. Thomas Dürbeck: “Der Wildpark und das Bayrische Haus waren der Lieblingsort unseres Vaters. Wir haben uns nur schweren Herzens von diesem Besitz trennen können. Unser Dank gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in den letzten Jahren aus diesem Hotel ein Kleinod der deutschen Gastronomie gemacht haben.”

Alexander Dressel: Gastgeber aus LeidenschaftAlexander Dressel

Der Direktor des Hauses Alexander Dressel kam 2003 als Küchenchef in den Betrieb.

Der Koch ist das kulinarische Aushängeschild des Landes Brandenburg: 2004 wurde er erstmals für seine Küchenkunst mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, den er bis jetzt immer erfolgreich verteidigen konnte.

Drei Jahre später erlangte er die Auszeichnung “Brandenburger Meisterkoch” und seit 2012 ist er Mitglied der „Jeunes Restaurateurs d’Europe – Deutschland“, deren Präsident er auch bis 2018 war. Als Vize-Präsident steht er auch weiterhin für die Bemühung der Jeunes Restaurateurs um hohe Standards in der Ausbildung und um die Bewahrung von Traditionen, Regionalität und Authentizität.

Alexander Dressel begann seine Laufbahn im Schwarzwald. Die Liebe zur Gastronomie ist ihm in die Wiege gelegt worden. Schon als Fünfjähriger stand der Berliner bei Mutter oder Großmutter in der Küche und schaute den Frauen beim Schnippeln, Brutzeln und Sieden zu. Aufenthalte in Italien, der Schweiz, Österreich und dann wieder Italien prägen noch heute den Stil der Karte im haus­eigenen Gourmetrestaurant Friedrich Wilhelm.

Besonders die über dreieinhalb Jahre dauernde Zusammenarbeit mit dem 3-Sterne-Koch Heinz Beck im Rome Cavalieri Hilton hat seine Entwicklung geprägt.

Vorausgegangen waren die Ausbildung zum Koch in Treschers Schwarzwaldhotel am Titisee, die erste Stelle als Chef de Partie im Sterne-Restaurant Harlekin des Grand Hotel Esplanade in Berlin und ein Gastspiel im Restaurant Terrine in München.

Nach seinem Rom-Aufenthalt ging es erst nach Gstaad, dann nach Frankfurt, später als Küchenchef ins Borchardt nach Berlin. Es folgten Kitzbühel, Rimini und Montalcino.
Dann kam der Ruf zurück in die Brandenburger Heimatregion.

Im Bayerischen Haus ist Alexander Dressel sesshaft geworden. Seit 2007 ist er auch Direktor des Fünf-Sterne-Hotels.

Verantwortlich zeichnet er auch für die am Rande des Wildparks gelegene und die zum Hotel gehörende „Alte Försterei“, 1842 ebenfalls im Auftrag Friedrich Wilhelms IV. von seinem Architekten Ferdinand Ludwig Persius erbaut. Hier betreibt Dressel eine großzügig gestaltete Kochschule mit neuester Technik.

Für seine Kreationen im Gourmetrestaurant Friedrich Wilhelm setzt er auf regionale und saisonale Produkte aus dem Umland. Gegenwärtig verbindet er mediterrane Elemente mit innovativer deutscher, regional betonter Aromenküche.

Mit Wehmut nimmt Dressel nun Abschied: “Das Bayrische Haus war für mich immer ein ganz besonderer Ort. Das Hotel mit der einzigartigen Lage im Herzen der Natur wurde für mich schnell zur Herzensangelegenheit. Für die Beweggründe der Eigentümerfamilie habe ich durchaus Verständnis. Ich bedanke mich bei Gertrud Schmack und Karl Dürbeck, sowie bei der gesamten Familie für das entgegengebrachte Vertrauen in den vergangenen 18 Jahren.”

Alexander Dressel nimmt sich zunächst eine kurze Auszeit. Danach wird er sich entscheiden, wie es weitergeht.

Das Schicksal des Hotels ist bereits entschieden. Nach dem Ende des Hotelbetriebs wird der Komplex von einer Klinikgruppe übernommen.

Text: Dr. Michael Polster
Foto: Dr. Michael Polster, Alexander Dressel

 

 

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