Ursula Winnington: Chinesischer Feuertopf

Ursula Winnington: Chinesischer Feuertopf

Mehr als ein Vierteljahrhundert lang hat Ursula Winnington für DDR-Zeitschriften wie Das Magazin, Sibylle und Guter Rat geschrieben. Passend zu ihrem Motto Kochen mit Lust und Liebe verknüpfte sie geschickt exo­tische Rezepte mit amourösen Geschich­ten. Später hat sie ihre Kochkünste regelmäßig im Fernsehen demonstriert und in Büchern zusammengefasst. Hier ein Lieblingsrezept der Grand Dame der Kochkunst aus der DDR, Chinesischer Feuertopf.

Kausalverhältnisse

In der DDR lag es in der Phantasie des Kochs, etwas Leckeres zu zaubern. Es gab zwar alle Grundnahrungsmittel, aber wenige Extras. Statt Chilischoten nahm man Paprika, statt Tomaten ihr Mark, für Oregano Majoran und anstelle von Estragon genügte Petersilie.

„Es gab ausreichend Fleisch, Hühner, Kartoffeln, Reis, Eier und Gemüse“, erinnert sich Ursula Winnington, „und zum Kochen war Einfallsreichtum und Liebe zum Produkt gefragt“.

1942 kam sie, nachdem ­ihre Familie in Rostock ausgebombt wurde, zu einer Tante nach Pommern. Die alleinstehende Gutsbesitzerin weihte sie in die Geheimnisse der feinen Küche ein. Nach dem Krieg besuchte sie in ihrer Heimatstadt die Landwirtschaftsschule für Mädchen. Als staatlich geprüfte Landwirtin begann sie Landwirtschaft zu studieren.

1951/52 lernt sie in Berlin Professor Dr. Hans Wittbrot, ihren ersten Mann, kennen. Mit ihm bereiste sie 1960 Indien. Dieser Aufenthalt wird zum Schlüsselerlebnis.

Ursula Winnington: Chinesischer Feuertopf„Seit damals haben mich die Düfte und Wirkungen von Gewürzen und die Produkte Asiens nicht mehr losgelassen“, bekennt sie. Doch zunächst schreibt sie, wieder zu Hause, eine Dissertation zur „Bedeutung der Vitamine A und B für die Fruchtbarkeit“.

Dann kam der Ruf zum Magazin: Sie bekam den Auftrag, landwirtschaftliche Themen verständlich aufzubereiten. Noch waren es keine Kochrezepte, sondern Themen wie „Was die moderne Frau über Kybernetik wissen muss“.

Schnell zeigte sich, dass die junge Autorin bei ihren Lesern ankam. Als sie in den 70ern die Rubrik „Liebe, Phantasie und Kochkunst“ übernahm, war sie mit dem ­englischen Schriftsteller und Journalisten Alan Winnington verheiratet, der Kriminalromane schrieb, als Auslandskorrespondent China bereiste und ausgezeichnet kochte.

Alan war nicht nur ihre große Liebe, sondern in gewissem Sinne ihr kulinarischer Lehrmeister.

Liebe zum Gewürz

Ihr Kennzeichen war, dass sie nahezu allen Gerichten eine aphrodisierende Wirkung nachsagte. Bei ihr stand die griechische Liebesgöttin immer mit am Herd. In ihrer Küche knisterte es nur so vor Erotik.

Ursula Winnington: Chinesischer FeuertopfMit viel Phantasie kochte sie chinesische Gerichte ohne Soja und Bambus. „Dafür nahmen wir Erwa-Speisewürze und gelben Paprika aus Bulgarien“, sagt sie heute stolz.

Aus Koriander, Kreuzkümmel, Zimtpulver, Pfeffer, Muskat, Nelkenpulver und Kardamom zauberte sie eine scharfe Mischung. „Gewürze sind das i-Tüpfelchen für Speis und Trank“, findet ­Ursula Winnington. Und nicht nur das: Sie haben einen posi­tiven Einfluss auf unser Wohlbefinden.

Gewürze können den Blutdruck senken, appetitanregend und entspannend wirken. Anis und Nelken bekämpfen ­Viren und Bakterien und machen die Atemwege frei. Kardamom, Koriander und Pfeffer machen fette Speisen bekömmlicher und kurbeln die Verdauung an. Vanille ist ein duftender Appetitzügler und ebenso wie Zimt fördert Vanille die Sinnlichkeit.

 

Ursula Winnington: Chinesischer Feuertopf
In den 70iger Jahren stellt Ursula Winnington den Feuertopf in der DDR persönlich vor.

Ihren Lesern rät sie: „Wer mit Gewürzen zaubert, benötigt weniger Salz.“ Für sie sind Gewürze Multitalente.

Anis und Artischocken erzeugen Begierde, Essig macht unwiderstehlich und Fenchel mehrt den Samen, Koriander fördert die Erektion, Majoran steigert die Liebesfähigkeit, roter Pfeffer wirkt auf die Eros-Zonen, Thymian ist Aphrodites Liebling und Tomaten machen angeblich liebestoll.

Augenzwinkernd verrät sie: „Eine Trinkschokolade aus dem französischen Hof mit einer Prise ­rotem Pfeffer, Zimt, Kardamom, Muskatnuss und einem Klecks Sahne regt zum Flirten an“.

Ursula Winnington hat vergilbte Kräuter-, Hexen- und Zauberbücher durchstöbert, mittelalterliche Giftküchen durchforscht, in die Kochtöpfe des Orients, Asiens und Europas ­geschaut und zusammenge­tragen, was dort an Liebes­mitteln erprobt wurde.

Ursula Winnington: Chinesischer Feuertopf1999 ­erschien ihr Buch mit dem Titel „Aphrodites Gaben“, mit dem Untertitel „Von natürlichen und zauberischen Mitteln, die Liebe entfachen und zum Beischlaf beflügeln.“ Zum 80. Geburtstag ehrte sie ihr jetziger Verlag mit einem neuen Titel: „Liebe, Lust und Leckereien – Die schönsten ­Liebesmenüs für alle von 19 bis 99.“ Was passt besser zu einer Autorin wie Ursula Winnington?

 

Text: Dr. Michael Polster
Rezept + Foto: Dr. Michel Polster / GuR-Redaktionsarchiv

 

 

 

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Chinesischer Feuertopf
Ursula Winnington: Chinesischer Feuertopf
Portionen
Personen
Zutaten
kräftige Brühe:
Dips:

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Ursula Winnington: Chinesischer Feuertopf
Anleitungen
  1. Lamm in hauchdünne Scheiben schneiden und auf flache Teller oder Platten legen.
  2. Bis zum Essen mit Frischhaltefolie bedecken und kaltstellen.
  3. Gemüse in feine Streifen schneiden, auf separate Teller verteilen und zusammen mit Fleisch, Pilzen, Shrimps, Tofu und Bohnensprossen auftischen.
  4. Die in ein wenig heißem Wasser eingeweichten Reisnudeln auf Suppenschalen verteilen.
  5. Die gekochten, abgetropften Weizennudeln in einer extra Schale dazustellen.
  6. Die Schälchen mit den Dips, Koriander, frisch geriebenem Ingwer, eingelegtem Knoblauch, Töpfchen mit Sojasauce, Reisessig und Reiswein auf dem Tisch verteilen.
  7. Nun können Sie die Gäste zu Tisch bitten und einen Pflaumenwein als Aperitif reichen.
  8. Jetzt die Holzkohle für den Feuertopf an­zünden und mit einer Zange in den Kamin in der Mitte des Feuertopfes geben und die Brühe in den Feuertopf gießen.
  9. Sobald die Brühe zu sieden beginnt, kann das Essen losgehen.
  10. Jeder Gast hat vor sich eine Suppenschale, Stäbchen und einen chinesischen Suppenlöffel.
  11. Mit den Stäbchen kocht jeder sein Fleisch, Kohl, Tofu, Gemüse oder Shrimps in der siedenden Brühe und würzt je nach Geschmack mit den Dips.
  12. Hin und wieder kann er sich auch etwas von der zu­nehmend kräftiger werdenden Brühe in seine Schale löffeln.
  13. Sind ­alle Zutaten aufgebraucht, wird die würzige Brühe über die bereitstehenden Reisnudeln gegossen und nach chinesischem Brauch als letzter Gang verspeist.
  14. Wer ein Stück Fleisch in die Suppe fallen lässt, muss eine Runde Reis- oder Pflaumenschnaps ­spendieren.
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