Bayern ist vor allem berühmt für seine wunderschönen Landschaften, die Berge und das Bier. Die südlichste Region Deutschlands bietet aber weitaus mehr … Wir starten unseren Reisebericht im schönen Frankenland, im nördlichsten Teil Bayerns und wenden uns dann gegen Süden.
Einzigartige Genusskultur
Wo bayerische Schwaben und Franken zuhause sind, gibt es für den Gourmet vielerlei zu entdecken.
Von Sommerhausen im schönen Maintal südlich von Würzburg geht es über die Romantische Straße nach Nördlingen. Hier finden in urigen Gasthäusern wie auch in Sterne-Restaurants heimische Produkte vielfältige Verwendung.
Weine mit Charakter
Umgeben von Wein- und Obstgärten ist die Kunststadt Sommerhausen ideal zum Entspannen und Erkunden der Kulturschätze des Frankenlandes. Der Weg führt uns zum Geburtshaus von Franz Daniel Pastorius, dem ersten deutschen Siedler Amerikas und Gründer von German-town.
Das Haus ist heute Sitz des Weingutes Artur Steinmann, 1916 von Karl Steinmann gegründet. Heute führt Enkel Artur den Betrieb. Ein Hotel mit Tagungsmöglichkeit ist angeschlossen. Die Weinberge umfassen rund 15 ha Rebfläche.
Sie sind mit Weißweinsorten wie Müller-Thurgau, Silvaner, Riesling, Bacchus und Spätburgunder bestockt. Es wird konsequent naturnaher, umweltschonender Weinbau produziert.
Das Weingut ist Mitglied bei der Vereinigung Frank & Frei, ein Zusammenschluss von 17 Winzern der Region. “Wir haben es geschafft, unsere Vision mit Vertrauen, Offenheit und Zuverlässigkeit umzusetzen”, sagt Artur Steinmann. Zahlreiche Auszeichnungen sind der Beweis.
Daheim zu Gast
Eine interessante Kombination aus Mittelalter und Moderne erwartet uns im Restaurant Philipp im Zentrum von Sommerhausen. Ein über 400 Jahre altes Fachwerkhaus beherbergt das Gourmetrestaurant von Sternekoch Michael Philipp.
Der Koch gehört zur Vereinigung der jungen Spitzenköche Europas, den Jeunes Restaurateurs d’Europe und hält seinen Michelinstern bereits seit 20 Jahren.
Dass es ihm um die Region geht, beweist sein Engagement für Slow Food, eine Vereinigung für bewusste Genießer. Nichts als frische saisonale Spitzenprodukte finden den Weg in Michael Philipps Küche. Das Restaurant gibt einem das Gefühl, ganz privat zu Gast zu sein.
Heike und Michael Philipp haben seit 1999 eine Kombination aus fränkischem Landgasthaus und zeitgemäßer Gastronomie etabliert.
Neben kulinarischen Genüssen bietet er zum Übernachten ein Doppelzimmer und zwei Barock- und Renaissanve Suiten. Hier lässt es sich leben, im wahrsten Sinne des Wortes.
Schönes Weinland
Reisen Weinkenner durch Franken, schätzen sie die Landschaft nicht allein wegen des reizvollen Anblicks. Ein “Zauberschrank mit immer neuen Schubfächern” sei Franken, begeisterte sich bereits im 19. Jh. ein Schriftsteller.
Im bayerischen Weinland ist die Vielfalt der Böden Grundlage für ein reiches Spektrum hochwertiger Weine. Experten schätzen, dass die ersten Becher Frankenwein bereits vor zwölf Jahrhunderten die fröhliche Runde machten.
Seit 1726 gibt es ihn im unverkennbaren Bocksbeutel. Weitere Informationen zu Franken umfasst die Broschüre “Franken – Wein. Schöner. Land!” Mit der gleichnamigen Tourismus-Kampagne haben der Tourismusverband Franken, der Fränkische Weinbauverband und die Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau ein Konzept erarbeitet, das Angebote zu Winzern und Weinen, Gasthöfen, Restaurants, Vinotheken, Weinfeste und Weindozenten bündelt.
Wir folgen den Vorschlägen und treffen Hansi Ruck, Junior des Weinguts Ruck in Iphofen, der „Weinstadt mit Kultur“. Die Familiengeschichte reicht zurück bis ins Jahr 945, als Vorfahren nahe Tübingen Weinbau betrieben.
Das Weingut ist Mitglied im Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter (VDP) und Gründungsmitglied der Winzer-Vereinigung Trias – ein Zusammenschluss fünf fränkischer Winzer, die ihre Weine nach “terroiristischen” Gesichtspunkten ausbauen.
Es wird auf sortenreine Verarbeitung, selektive Handlese und gesteuerte Vergärung im Edelstahltank und Holzfass geachtet. Extraktreiche Silvaner von besten Iphöfer Lagen sind das Aushängeschild des Weingutes.
Hinter dem Rathaus findet sich die Vinothek Iphofen, ein Zentrum touristischer, kultureller und landwirtschaftlicher Vielfalt. Hier werden Spitzenerzeugnisse von 21 Iphofer Winzern und Produkte aus der Region, z. B. Leberwurst, Schinken vom Eichelschwein oder Wildspezialitäten aus dem Spessart präsenteirt.
Und hier bekommen wir auch den nächsten Tipp und so besuchen wir die Hofkäserei Brunner.
“Wir sind ein Bauernhof, der die Milch der eigenen Kühe und Ziegen zu Käse verarbeitet. Mit viel Liebe entstehen und reifen in unserer kleinen Käserei eine Vielzahl verschiedener Sorten”, erzählt der Chef Anton Brunner.
Ein Käsetest überzeugt: Ob Pelzmantelkäse mit Weißschimmel oder der mittelkräftige Schnittkäse Carino natur, mit Kümmel oder Brennnessel, die Käse sind von ausgezeichneter Qualität.
Romantisches Taubertal
Hoch über dem tief liegenden Taubertal erhebt sich im Schnittpunkt von Romantischer Straße und Burgenstraße die Silhouette der ehemaligen Freien Reichstadt Rothenburg ob der Tauber. Hier erwartet uns der Jeune Restaurateur Christian Mittermeier im Restaurant Mittermeier mit seiner individuellen, authentischen Küche. Er kocht fränkisch – aber auf neue Weise.
Das Mittermeier wird als “Geheimtipp” weit über die alte Stadtmauer hinaus gehandelt. Vorwiegend regionale Produkte sind die Basis der “fränkischen Freestyle-Küche”.
Wer sich als gelernter Metzger mit 23 Jahren selbstständig macht und keine Metzgerei, sondern ein Gourmetrestaurant eröffnet, muss binnen weniger Jahre nicht nur Karriere gemacht haben, sondern auch über eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen verfügen.
Christian Mittermeier hat von beidem genug und noch mehr: Können und – als Resultat seiner Kochkunst – Erfolg. Dass Kochen trotz der Arbeit auch Spaß macht und Kult ist, vermittelt der Sternekoch in seiner Kochschule.
Im Herzen des Ries
Auf der Romantischen Straße geht es ins Nördlinger Ries. Der Name leitet sich von der römischen Provinz Raetia ab. Das nahezu kreisförmige, flache Ries hebt sich von der hügeligen Landschaft der Alb ab. 1960 wurde nachgewiesen, dass es sich um Reste eines ca. 14,5 Mio. Jahre alten Meteoriten handelt. Das Nördlinger Ries gilt als Schatzkammer süddeutscher Vor- und Frühgeschichte.
Unser Weg führt in die ehemals Freie Reichsstadt Nördlingen. Hier treffen wir Jeune Restaurateur Joachim Kaiser vom Restaurant Meyers Keller.
Ein Ort der Lebensfreude ist die zeitgemäße Gastronomie im Jockl Kaiser. Hier herrscht eine heitere Atmosphäre. Gastronomisch geprägt wurde Joachim Kaiser, geboren 1962 in Nördlingen, bereits durch seine Familie, die ein einfaches Gasthaus besaß. Die Liebe zum Beruf weckte bei ihm allerdings erst die Ausbildung.
Kaisers Paraderezept ist gebratene Gänseleber im Blutwurstmantel mit Zwiebelconfit oder heißer Apfelcreme. Seine mehrfach ausgezeichnete Küche von fein komponierten Genussmomenten steht für traditionelle und authentische Wirtshausklassiker. Der Fokus liegt auf der Vielfalt der engagierten Regionalküche.
Auf seinen Geheimtipp macht er uns mit ländlicher Bauernwurst neugierig und so ist Metzgermeister Gerhard Schreitmüller unser nächstes Ziel in Untermagerbein in der 1.000 Jahre alten Gemeinde Mönchsdeggingen.
Das Dorf mit ca. 180 Einwohnern weist Spuren der Römerzeit auf. Ein kleiner Ort mit Geschichte, der kulinarisch noch von sich hören lassen wird – dank Metzger Schreitmüller. In seinem Gasthof produziert er wahre Kostbarkeiten nach alten Rezepturen. Seine Wurst riecht nach Heimat, schmeckt nach Kindheit, vertreibt Kummer so gut wie Schokolade.
Auf unserer Genussreise durch Bayern erreichen wir in Teil 2 Oberbayern und die Landeshauptstadt München. Stichworte: Oktoberfest, Biergarten, Viktualienmarkt, Bier und die Hallertau und und….
Text: Dr. Michael Polster
Fotos: Dr. Michael Polster, Tourismusverband Franken, Bodenmais Tourismus & Marketing GmbH