Kleinere Skigebiete haben es oft nicht leicht, sich im harten Konkurrenzkampf der Wintersportzentren zu behaupten – erst recht, wenn sie ganz nah an Ski-Giganten wie dem Kronplatz und den Pistenparadiesen der Dolomiten liegen. Die Region Gitschberg Jochtal am Eingang vom Südtiroler Pustertal beweist, dass Wintersportler dort prima Urlaub machen können.
Es gibt verblüffende Begegnungen auf den Pisten. Da düst kurz vor uns doch tatsächlich ein junger Mann die Abfahrt von der Gitsch herunter, der Frack und Zylinder trägt. Ein netter Herr, der Skihaserln gern mal eine Rose überreicht und den Gästen mit Rat und Tat zur Seite springt.
Er hilft mit den im Hotel vergessenen Taschentüchern aus, ersetzt den verlorenen Pistenplan und gibt als Einheimischer, der natürlich jeden Gipfel und jede Abfahrt kennt, Tipps für den schönsten Ausblick, und die leckerste Jause.
Kein Wunder, dass der „Cavaliere“ der Liebling großer und kleiner Skifahrer ist – eine Errungenschaft, die es anderswo so nicht gibt. In der Region Gitschberg Jochtal schon, und das ist ziemlich typisch für das Skigebiet hoch über der alten Bischofsstadt Brixen, das aus der Not, gegen den Kronplatz und die Sella-Ronda-Zentren bestehen zu müssen, eine Tugend gemacht hat.
„Innovation“, sagt Tourismusamts-Chef Stefan Gruber, „ist eines unserer Erfolgsgeheimisse, der Ideenreichtum und der Zusammenhalt unserer Gemeinden ein weiteres.“
Das war nicht immer so. Die Gemeinden Vals und Meransen, getrennt durch einen hohen Berg und ein tiefes Tal, waren Nachbarn, die sich in ihren viel zu kleinen Skigebieten eingeschlossen hatten. In letzter Minute rissen weitsichtige Hoteliers und Liftbetreiber das Steuer herum und fusionierten ihre Gebiete. Seither brummen rings um Vals und Meransen nicht nur die Lifte. Gab es vor zehn Jahren erst vier 4-Sterne-Hotels in der Region, so sind es heute schon 16. Im Südtiroler Preis-Ranking rangieren die meisten davon im unteren Mittelfeld, und weil 15 der größten Betriebe von Chefs unter 40 Jahren geleitet werden, ist auch dort die Innovationsfreude groß.
2018 eröffnet, hat der „Ski-Express“, eine Zehner-Umlaufbahn bis zum Fuß der 2500 Meter hohen Gitsch. Mit ihr bringt es die Skischaukel auf 15 Aufstiegsanlagen und immerhin 55 Kilometer Abfahrten – zehn blaue, neun rote und vier schwarze Pisten. 95% davon können künstlich beschneit und dank 200 Schneeerzeugern binnen einer Woche fit fürs Skifahren und schneesicher bis Ostern gemacht werden. Das ist zwar nicht genug für Pistenfresser, aber allemal lohnend für Wintersportler, die es übersichtlich und zugleich abwechslungsreich mögen.
Ideal also für Familien mit Kindern, Gruppen von Jugendlichen, auch Genuss-Skifahrer, die für drei oder vier Stunden die Brettl anschnallen und sich dann auf die Annehmlichkeiten des Skigebiets und ihres Hotels freuen.
Die Abfahrten auf beiden Seiten des Altfasstals sind breit, die nicht zu steilen Hänge ideal zum Carven und werden auch Anfänger nicht überfordern. Drei Kinderparks mit Ganztagesbetreuung hat die Region, darunter das Kinderland im Valser Talboden, das nicht zufällig als einer der besten Skikindergärten Italiens ausgezeichnet worden ist.
Die Kleinsten mögen nun mal superflaches, vor Wind, Wetter und zu großer Kälte geschütztes Gelände. Und wenn sie unkompliziert auf breiten Förderbändern und einer Kabinenbahn nach oben transportiert werden statt ständig aus dem Schlepplift zu fliegen, machen ihnen die ersten Schritte im Schnee natürlich doppelt Spaß.
Gelegenheit zur Entspannung gibt’s in Vals und Meransen ebenfalls reichlich. 22 Hütten und Almen laden zum Einkehrschwung, das Angebot reicht von der quirligen „Bar zur Mühle“ an der Valser Talstation bis hin zur urigen „Anratter Hütte“, in der die Wirtsleute mit bis zu 15 verschiedenen Knödeln aufwarten. Prima Kasnocken, Schlutzkrapfen und Speck gibt’s auch auf der Terrasse der Gitschhütte – gratis dazu die beste Fernsicht auf Marmolata, Sella, und Langkofel.
Ihre schöne Landschaft haben die Valser und Meranser geschenkt bekommen. Der Gast kann sie kennen- und lieben lernen bei einer Schneeschuhwanderung durchs sanfte Altfasstal oder beim etwas beschwerlichen Aufstieg hinauf zur malerischen Fane-Alm, von der es mit dem Schlitten auf einer kilometerlangen Naturrodelbahn flott zurück ins Tal geht. Allerdings muss der Schlitten selber mit hinauf genommen werden, denn eine offizielle Schlittenbahn ist die nicht ganz ungefährliche Abfahrt nicht.
Wer es ganz bequem mag, nimmt den „Brimi Winter Run“ von der Bergstation Gitschberg runter nach Meransen – die zweite große Rodelbahn des Gebiets ist per Lift erreichbar und mit sieben Kilometer übrigens eine der längsten Südtirols.
Ausruhen darf und will man sich in der Region Gitschberg Jochtal auf den Erfolgen nicht. Gerade wurde die Talabfahrt nach Meransen für Anfänger optimiert und eine permanente Trainingspiste am Gitschberg installiert.
In den nächsten Jahren soll dann ein ganz ehrgeiziges Projekt angepackt werden: Der Bau einer neuen Seilbahn von Mühlbach tief drunten im Pustertal hinauf nach Meransen. Mit 20 Millionen geht sie wieder ganz schön ins Geld, doch der Region wird sie – da ist sich Seilbahn Präsident Leitner sicher – nochmal einen kräftigen Schub nach vorn geben.
Weitere Infos:
Am besten erreichbar ist die Region Gitschberg Jochtal über die Brenner-Autobahn und die Ausfahrt Brixen. Von dort sind es noch etwa 30 Minuten auf der Pustertalstraße bis zur Abzweigung Mühlbach und hinauf nach Vals und Meransen.
Den 6-Tages-Skipass für Erwachsene gibt es ab 246 Euro (Kinder 172 Euro). Stand 2021.
Die Preise für Halbpension in einfachen Pensionen beginnen in der Region Gitschberg Jochtal bei 36 Euro pro Tag und Person, Vier-Sterne-Hotels wie der „Valserhof“ berechnen beispielsweise für die Osterferien Tagespreise von knapp 100 Euro.
Auskünfte erteilt die „Ski- und Almenregion Gitschberg Jochtal“, Katharina Lanz Str. 90, 39037 Mühlbach/Pustertal, ITALIEN. Tel. +39 0472 8860 48.
Und weitere Tipps für den Ski-Urlaub in Italien gibts hier.
Text: Joachim Hauck
Fotos: © Alex Filz (3 Bilder) / © Manuel-Kottersteger / TVB / Skischule Vals