Wroclaw oder auf deutsch Breslau ist die viertgrößte Stadt in Polen. Ihre historische, kulturelle und architektonische Vielfalt macht sie zu einem idealen Ganzjahresziel. Ein verlängertes Wochenende in der Hauptstadt Niederschlesiens hat uns begeistert.

Neugierig starten wir unser verlängertes Wochenende nach Wroclaw, auf deutsch Breslau, die Hauptstadt Niederschlesiens, und nehmen Quartier im ART Hotel****, da in der Innenstadt alle Sehenswürdigkeiten gut zu Fuß zu erreichen sind.

Breslau war immer schon eine reiche Stadt, begünstigt durch ihre Lage an der Salzstraße (Nord-Süd-) und an der Bernsteinstraße als Ost-West-Verbindung sowie durch die Lage an der Oder.

Atem der Geschichte

Großer Ring nennen die Breslauer den mittelalterlichen Markplatz in der Mitte der Fußgängerzone, die unbedingt einen Bummel wert ist. Wer hier steht, der sieht und spürt die bewegte Vergangenheit Breslaus.

Auf dem Marktplatz befindet sich neben einer modernen Fontäne auch das gotische Alte Rathaus mit seiner großen astronomischen Uhr.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, Polen
Der Marktplatz von Breslau

Breslau wurde der Legende nach vom tschechischen Fürsten Vratislav gegründet.

Die erste Erwähnung der Stadt ist durch eine päpstliche Bulle aus dem Jahr 1.000 dokumentiert.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, PolenDanach erlebt Breslau eine sehr wechselvolle Geschichte: vom 10. Bis zum 14. Jahrhundert war Breslau Teil des Königreichs Polen.

Daher gehörte die Stadt abwechselnd zu Böhmen, Österreich, Preußen (Habsburger) und zum Deutschen Reich.

In der Nähe des Marktplatzes ist das Panorama von Raclawice zu sehen, das die Schlacht um die Unabhängigkeit Polens im Jahr 1794 zeigt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Breslau unter polnische Verwaltung gestellt, die gesamte deutsche Bevölkerung der Stadt wurde vertrieben, Bürger aus Zentralpolen, der Ukraine und Russland wurden in die Region umgesiedelt.

Die Milchbars sind Relikte aus dem Sozialismus. Der Name kommt daher, dass es dort früher ausschließlich fleischlose Produkte zu Essen gab – und das zu bezahlbaren Preisen.

Heute stehen Milchbars als Synonym für einfaches günstiges Essen und als Treffpunkt für jung und alt. Auch das Kulturzentrum Bar Barbara ist aus einer Milchbar entstanden, nun ein Kommunikationszentrum mit Bibliothek, Studenten-Arbeitsplätzen und vielen Integrations- und anderen Veranstaltungen.

Heute identifizieren sich die Einwohner nicht mit ihrer Herkunft, sondern mit der Stadt: “Ich bin Breslauer”, hören wir immer wieder. Dies ist auch einer der Gründe für das ganz besondere Flair: wir empfinden die Stadt als “atmend”, sympathisch, gemütlich, einladend und vor allem lebendig.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, PolenBreslau und seine Zwerge

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, PolenIn den 80er Jahren demonstrierte die Gruppe “Orange Alternative” friedlich und humorvoll, verkleidet als Zwerge, gegen das kommunistische Regime. Die Miliz verhaftete sie zwar immer wieder, hatte aber keine Handhabe, denn sie hatten gegen keine Gesetze verstoßen.

In ganz Europa konnte man lesen: “In Polen läuft die Miliz hinter den Zwergen her”.

Ab 2001 wurde ein neues Wahrzeichen für die Stadt gesucht, das ungewöhnlich und besonders sein sollte.

Und so wurde der Zwerg zum Wahrzeichen der Stadt – und sie sitzen und stehen überall herum. Jeder Zwerg ist anders, was sie allerdings gemeinsam haben, ist die Herstellung aus Bronze und die Größe von ca. 30 cm.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, PolenAls Foodies steuern wir zuerst die alte Markthalle aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts an. Ihre Eisenbetonbögen sind eine architektonische Besonderheit, die das Gebäude besonders stabil machten.

Als Erinnerung an den zweiten Weltkrieg wurden diverse Kanonenkugeln in der Fassade verarbeitet, die dem aufmerksamen Besucher ins Auge springen.

Im Inneren finden wir lebendiges Treiben an über 190 Lebensmittel-Ständen.

Stadt der 100 Brücken und Kirchen

Inseln und Brücken prägen das Gesicht der Stadt an der Oder. Wir spazieren über die Sandinsel, die Mühleninsel, hören von der Bleicherinsel und der Weizeninsel und erreichen über die Dombrücke die Dominsel, den ältesten Teil der Stadt, der jahrhundertelang Eigentum des unabhängigen Bistums Breslau war.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, Polen
Blick auf die Dominsel, den ältesten Teil der Stadt, der jahrhundertelang Eigentum des unabhängigen Bistums Breslau war

Von den rund 100 Kirchen stehen allein sechs auf der Dominsel und prägen das Stadtbild. Die wichtigste davon – der Dom, wurde bereits vor der Gründung des Bistums im Jahr 1.000 als Holzkirche erwähnt.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, Polen
Blick auf den Dom

Nach der Zerstörung im zweiten Weltkrieg wurde der gotische Grundbau als Wahrzeichen der Stadt in Rekordzeit wiederaufgebaut.

Fasziniert sind wir von den 103 Gaslaternen, die auch heute noch jeden Abend von einem Laternenanzünder im historischen Gewand manuell angezündet und am Morgen wieder gelöscht werden – eine Zeremonie, die eine ganz besondere Stimmung verbreitet.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, Polen
Großplastik Nawa des Künstlers Oskar Zieta

Unser Spaziergang führt uns vorbei an der kleinen Insel Wyspa Daliowa zur modernen Großplastik Nawa des Künstlers Oskar Zieta.

Faszinierend ist dank der neuen Technik FiDU (Freie Innendruck-Umformung), die Gestaltung der geschweißten Stahlelemente und die unglaubliche Leichtigkeit des Designs.

Die “Stimme Schlesiens”

Am Abend besuchen wir die Elisabethkirche, eine der ältesten und größten Kirchen, deren gotischer Backsteinbau mit ihrem Turm den Marktplatz dominiert.

Ein Wochenende in Wroclaw / Breslau: Kunst, Kultur und Flair, Polen
Die Engler-Orgel, die “Stimme Schlesiens”

Das absolute Highlight ist die schlesische Barockorgel, die nach mehreren Bränden in der Nachkriegszeit völlig zerstört war.

Nun wurde sie nach historischem Vorbild und mit historischen Materialien nach den in den Archiven vorhandenen Bildern und Dokumenten in akribischer Kleinarbeit rekonstruiert.

Dabei waren nicht nur Orgelbauer für die Wiederherstellung des Instrumentes gefragt, sondern auch die Stuckateure, die Ornamente, Farben und Materialien nach historischem Vorbild originalgetreu rekonstruiert haben.

Die Engler-Orgel, die “Stimme Schlesiens” in der Breslauer Elisabethkirche, gilt als die bedeutendste historisch rekonstruierte Orgel weltweit.

Die Krönung unseres Aufenthalts war ein Konzert des international bekannten Konzertorganisten Stefan Kiessling, der dieses einmalige Instrument virtuos beherrscht und ihr die wundervollsten Töne entlockte.

Das war schon ein besonderes Erlebnis… Wir sind gespannt, ob der morgige Tag dies alles noch toppen kann. Lesen Sie morgen einfach weiter.

Text: Annemarie Heinrichsdobler
Fotos: Stadt Wroclaw, Paula Pommer

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