Im wasserreichsten Bundesland lockt ein weiterverzweigtes Netz von Seen, Flüssen & Kanälen. Besonders geruhsam schippert es sich in einer schwimmenden Laube. Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer – hier unser lebensechter Reisebericht…

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowMist! Die Sonnenbrille hat sich gerade in hohem Bogen ins Wasser des Wolziger Sees verabschiedet, im Gefecht mit der jüngsten Piratin an Bord.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowEin schneller Köpper von Käpt´n Hook fördert das eben noch lässig ins Haupthaar gesteckte Utensil auch nicht wieder zu Tage. Eine Reling gibt es bei unserem schwimmenden Bungalow nur vorn, die Ferien-Freibeuter aber sind an den schmalen Bootsseiten Richtung Heck rumgeturnt.

Mehr als 3.000 Seen und rund 33.000 km Fließgewässer gibt es in Brandenburg. 1.500 davon sind schiffbare Bundes- und Landeswasserstraßen, immerhin 470 sogar führerscheinfrei befahrbar.

Für das Fahren mit unserem Wohnschiff reicht – bei ausreichender Sicht und bis Windstärke 4 – eine Charter-Bescheinigung. Etwas „Luv und Lee“ nebst Wasserverkehrszeichen als Multiple-Choice-Test, gefolgt von kurzer Praxis: Ablegen, Geradeausfahren, Wenden und wieder andocken.

Das Sonnenbrillen-Malheur schmälert die zuvor vorbildliche Emissions-Bilanz unseres sommerlichen Ferientrips.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan Rainbow
Wir beziehen unser Domizil…

Die Zernsdorfer Marina im für Hausboot-Anfänger idealen Revier Dahme-Seenland ist mit Bahn & Bus – von Berlin über Königs-Wusterhausen – gut zu erreichen. Boote mit Elektroantrieb sind dort verfügbar und per Bollerwagen rollt man Proviant für eine Woche vom nahen Discounter bis an den Steg.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowIn Sachen Bootstyp sollte es kein Floß und keine Mini-Yacht mit spitzem Bug sein, sondern ein „BunBo“, ein sogenanntes Bungalowboot – als clevere Mischung aus schwimmendem Schwedenhäuschen und Gartenlaube. Ganz viel buntes Holz, herrenhausgelb in unserem Fall, mit „Füße-im-Wasser-baumeln-lasse“-Feeling.

„Aber nich während der Fahrt – und keinesfalls vorn, Kollegen!“ macht Einweiser Tino dem Vierertrupp Freizeitkapitän-Kandidaten bei der Schulung klar.

Denn zwischen den Rümpfen des Katamarans entsteht ein gefährlicher Sog Richtung Heckmotor: „Und von wejen Bremse hamwa nich: immer schön sachte `aufstoppen`: Fahrt raus und per Rückwärtsgang Tempo verlangsamen.“  Leuchtet ein – slow travel in der Praxis.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan Rainbow

Auf ins Schiffsabenteuer

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowAuch wenn noch nicht alles sitzt – rückwärts Ablegen und: Leinen los! Wir schippern also übers im Sonnenlicht glitzernde Wasser, stromaufwärts entlang der mäandernden Dahme.

Entspannt treibt man an Gartenhäusern, Fischreusen, Seerosenufern, Entenfamilien, Schwanenpärchen, Haubentauchern und Reihern vorbei in den Dolgensee.

Der frischgebackene Capitano verkneift sich das Fotografieren am Steuer und bald lassen wir die Pfahlanker runter, abseits der Fahrrinne und nicht zu nah am Schilf in einer kleinen Bucht.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowDer erste Badestopp dehnt sich aus, hier bleiben wir über Nacht. Nach dem Grillen auf der Bugterrasse im rot leuchtenden Sonnenuntergang und Sternezählen in der Hängematte geht es ab in die Schlafkojen.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowKein schlechter Start. Auch auf der Novizen-affinen Strecke durch die Dahmeseen folgen am nächsten Tag allerdings Härtetest und Herausforderung – in Gestalt einer ersten Schleuse.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowIn deren enges Becken gilt es unseren bequemen Bungalow-Brocken von mehr als 4 m Breite und gut 10 m Länge zu manövrieren.

Der Klopper reagiert eher schwerfällig auf Steuerrad-Lenkimpulse, Vor- und Seitwärtsbewegungen gilt es zu antizipieren und mit rechtzeitigem Gegenlenken nuanciert auszugleichen.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowDas kann mehrere Versuche nötig machen und ein Greenhorn ohne LKW- oder Sportboot-Erfahrung durchaus Nerven kosten.

Wenigstens hatten wir bei der Kurbelei kaum Zaungäste – nach Ende der Berliner und Brandenburger Sommerferien ist es auf dem Wasser und auch an den Schleusen-Nadelöhren nicht voll.

Vor der nun folgenden Selbstbedienungs-Zugbrücke winkt den Beinahe-Bruchpiloten im Städtchen Storkow erst einmal ein Eis zur Nervenberuhigung.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowWer möchte, schlendert damit über das Kopfsteinpflaster in der Altstadt oder besichtigt die älteste Burg des Landes aus dem Jahr 1209, bevor das schwimmende Ferien-Häuschen wieder mit Bade-, Kartenspiel- und Chill-Routine lockt.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowDie Freizeit-Optionen erweitern sich noch mit Ruder-Beiboot, optionalen SUPs oder Fahrrädern, etwa um die nahen Kiefernwälder und „blaue Wimpel im Sommerwind“ des einen oder anderen alten DDR-Pionierferienlagers zu erkunden.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowImmer weiter könnte man so tuckern, bis zum „Märkischen Meer“, dem Scharmützelsee mit seinen sandigen Naturbadestellen.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowOder – schleusenfrei – auf dem Roadtrip zu Wasser die ebenfalls reizvollen, kleineren Seen südlich von Zernsdorf befahren.

Mit dem Benzingeruch beim hin und wieder nötigen Nachtanken oder den Pumpgeräuschen der Chemietoilette im schwimmenden Zuhause auf Zeit hat man sich schnell arrangiert – der hohe Erholungswert im Bade-Bungalow-Betrieb auf der selbstgewählten Route ist, was zählt.

Damit es auch erholsam bleibt: Nicht aufs Dach klettern – wegen der dort verbauten Solaranlage gibt es diese Option beim „BunBo“ nicht.

Und außerdem nur dort anlegen, wo es laut dem exzellenten Revierführer für die bunten Holzkisten auch erlaubt ist.

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowSowie tunlichst auf die Tiefenangaben des Steuer-Tablets achten, um ein Abschleppen des auf Grund gelaufenen Wohnschiffs zu vermeiden.

Wie hatte Einweiser Tino vorsorglich festgestellt: „Det wird dann teuer“. Apropos – wer von der schwimmenden Laube schwer begeistert ist, kann sie auch kaufen und am Charter-Steg fürderhin selbst vermieten.

Weitere tolle Urlaubstipps gibt es in unserem Reisearchiv.

Zusatz-Infos, Tipps, Einweisungsvideos, Checklisten & Revierführer: www.bunbo.de Hausboot-Guide Brandenburg: www.reiseland-brandenburg.de/hausboot-guide Broschüre Wasserschutz-Polizei Brandenburg https://polizei.brandenburg.de/fm/32/Wasserschutzpolizei-Broschuere-Leinen-los-2018.pdf Gemeinde Storkow: www.storkow-mark.de

Mit dem Hausboot im Brandenburger Sommer. Ein Reisebericht, Foto Stefan RainbowText: © Stefan Rambow 2025
Fotos: © Stefan Rambow 2025

Vorheriger ArtikelVeganes Himbeereis selbermachen