Der neue Guide Michelin Deutschland brachte einen nie dagewesenen Sternenregen. Auch in Berchtesgaden wurde gefeiert: Ulrich Heimann bekam seinen zweiten Stern. 17 Jahre lang hielt er einen Stern und wurde jetzt in den Kreis der Zwei-Sterne-Köche berufen. Von ihnen gibt es nur 50 im ganzen Land.

Ceviche von der bayerischen Garnele, ein Saibling in Buttermilch oder bei niedriger Temperatur gegarter und marinierter Schweinebauch sowie Zweierlei vom Wagyu mit Holunderbeere: genießen und reisendurfte das allererste Menü im Restaurant PUR im “Kempinski” in Berchtesgaden kosten, seit es mit zwei „Michelin“-Sternen ausgezeichnet wurde.

Das Restaurant zeigt sich im schlichten Design mit dezenten Grau- und Brauntönen, gedimmtem Licht, spärlicher Dekoration, sogar weiße Tischdecken gibt es nicht.

Am nächsten Morgen treffen wir den gebürtigen Schwarzwälder Ulrich Heimann, vor kurzem 60 Jahre alt geworden, zum Interview.

Er kommt in weißer Kochjacke, die ihn als Executive Chef ausweist, und man sieht ihm den Stolz an, jetzt mit zwei Sternen ausgezeichnet zu sein.

Glückwunsch zum zweiten Stern!

Was ging Ihnen als Erstes durch den Kopf, als Sie davon hörten?

Ich dachte: Das ist unfassbar! So Gewaltig! Ich habe es ja erst am Abend bei der Verleihung in Hamburg erfahren: live vom Bildschirm hinter der Bühne … Es war so großartig!

Was war erhebender für Sie: Ihr erster Stern 1995? Ihr zweiter Stern jetzt? Oder war es das Gipfelglück auf dem Watzmann oder Kilimanjaro? Sie sind ja passionierter Bergsteiger.

(Lacht.) Beruflich vielleicht der erste Stern, den ich mir von ganzem Herzen gewünscht habe. Aber natürlich auch jetzt der zweite Stern.

Ich kann es ja noch kaum fassen … Familiär war es sicherlich die Geburt meiner Tochter. Und das Gipfelglück auf dem Kilimanjaro war natürlich grandios, erhebend, so auf knapp 6000 Metern.

Haben Sie damit gerechnet? Oder darauf gehofft?

Ich habe es immer erhofft und wenn es dann passiert, geht natürlich ein Traum in Erfüllung. In den 17 Jahren, in denen ich einen Stern hatte, fragten mich so manche Gäste, wieso ich denn keinen zweiten Stern hätte …

Die Gäste vergleichen ja, kennen andere Sterne-Restaurants. Das ist Applaus für mich und das ganze Team, ohne das es sowieso nicht gehen würde.

Was genau ist der Unterschied zwischen einem Stern und zwei Sternen?

Das ist sehr schwer zu beantworten. Ich denke, das Entscheidende ist die Konstanz, jeden Tag höchste Qualität auf den Tisch zu bringen, Tag für Tag Perfektion abzuliefern und nicht nur hier und da mal.

Was kommt jetzt mit dem zweiten Stern auf Sie zu: Großer Druck, um den zweiten Stern zu halten? Oder kribbelt es: Visieren Sie vielleicht sogar den dritten Stern an?

Um einen Stern zu halten, muss ich Richtung zwei Sterne denken. Und natürlich kommt nun der Gedanke: Jetzt greifen wir nochmal an! Aber wir werden dabei unserer Linie treu bleiben.

Das heißt, es wird sich mit den zwei Sternen gar nicht viel ändern?

Ich denke, wir haben den zweiten Stern genau für das bekommen, wie wir es machen. Es wäre ein großer Fehler, jetzt umzudenken.

Wir werden an unserer „Pur“-Philosophie festhalten. Natürlich wird es Entwicklungen geben. Das ist normal. Und in jedem Fall werden wir uns weiter perfektionieren und wir müssen dabei stabil bleiben.

Es bleibt also auch mit zwei Sternen beim nicht eingedeckten Tisch, also bei einem leeren Tisch ohne Tischdecke und Gedeck, wenn der Gast Platz nimmt?

Ja, wir wollen, dass sich alles ums Essen dreht. Den Speisen soll die volle Konzentration gewidmet sein. Alles außenherum ist dafür nicht wichtig.

Deshalb wird der Tisch am Beginn der kulinarischen Reise leer bleiben und auch das puristische Eindecken Gang für Gang wird beibehalten. Mag sein, dass das manche Gäste etwas irritiert. Kritisiert wurden wir dafür aber nie.

Aber die Preise werden Sie erhöhen?

Wahrscheinlich, aber sicher eher zurückhaltend. Aber da sprechen ja noch andere mit …

Eine letzte Frage: Wieviel Champagner ist noch in Hamburg geflossen?

Es waren mehr wie zwei Fläschchen …

Das Interview führte Jochen Müssig.

Wenn Sie ein Sternegericht von Ulrich Heimann zuhause nachkochen wollen, dann klicken Sie morgen einfach weiter. Gutes Gelingen und guten Appetit!

Text: ©Jochen Müssig
Foto: ©Kempinski-Hotel-Berchtesgaden_PUR

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