Zur Sowjetzeit galt Lettland, eine der Sowjetrepubliken, als etwas Besonderes. Das Flair des Auslands und das europäische Image wurde vorteilhaft genutzt. Die Straßen der Hauptstadt Riga verwandelten sich bei Bedarf in Kopien der westlichen Städte. Bei diversen Dreharbeiten ließ man in der Perle des Baltikums so als Berlin oder Paris aufleben. Hier entstanden Filme über die unerreichbare Dolce Vita. Die Kulisse war perfekt.

Riga: die Perle des BaltikumsDas 1201 gegründete Riga gehörte lange zur Deutschen Hanse, es folgten die Schweden und dann das Russische Kaiserreich. Die Geschichte der Stadt spiegelt sich in dem architektonischen Stilmix wider, von der mittelalterlichen Baukunst bis zur zeitgenössischen Architektur.

Die historische Innenstadt Rigas prunkt auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbe. Die Qualität und Quantität der Jugendstilbauten sind weltweit unverwechselbar. Ebenfalls bedeutend die Holzarchitektur des 19. Jahrhunderts.

Riga: die Perle des Baltikums
Solvita Gederte

“Riga ist schön, gemütlich und hat einen sehr guten Geschmack. Es ist wie eine kleine Schatztruhe”, meint Modedesignerin Solvita Gederte (44).

Ihr Handwerk erschöpft sich in Clutches, Schlafmasken, Necessaires, Lavendelbeutel, Seifen, Ohrringe, Halsketten und Broschen. Die letzteren werden in Perlenstickerei-Technik ausgeführt.

“Unsere Innenstadt ist wie eine große Perle. Die Architektur mit den Meisterwerken des Jugendstils und des Art Déco, der Architekten Michail Eisenstein, Konstantīns Pēkšēns und Eižens Laube, lässt sie im vollen Glanz erstrahlen.”

Riga: die Perle des BaltikumsJugendstil in Riga

Der “Architekt des Jugendstils” Michail Eisenstein, der Vater des berühmten Regisseurs Sergei Eisenstein, schuf in Riga eines der sehenswertesten Jugendstil-Ensembles der Welt.

Obwohl die in Jelgava geborene Solvita seit ihrem sechsten Lebensjahr in Riga lebt, kann die Stadt sie immer wieder aufs Neue begeistern.

Riga: die Perle des Baltikums“Ich schaue auf die Stadt, wie eine Touristin und schätze immer wieder ihre Schönheit ein.

Riga inspiriert mich sehr, insbesondere die Altstadt und das spiegelt sich in meinen Arbeiten wider.”

Die Altstadt glänzt unter anderem mit dem Schwarzhäupterhaus, dessen Giebelfassade im manieristischen Stil mit Reliefs und Skulpturen verziert ist.

Und natürlich mit der Petrikirche, einer großen dreischiffigen Basilika in Backsteingotik, die das Stadtbild prägt. Beide Bauten gelten als Symbole Rigas.

Riga: die Perle des BaltikumsEine weitere Dominante stellt der Fernsehturm auf der Insel Zaķusala dar. Mit seiner Höhe von 368,5 Metern gilt er als der höchste freistehende Fernsehturm in der Europäischen Union.

Wenn man durch die Altstadt flaniert, sollte man nicht vergessen nach oben zu schauen: Die turmartigen Dächer werden hie und da von Plastiken gekrönt.

Solvita meint, dass die bewundernswerte Atmosphäre der Stadt sich den Jahreszeiten anpasst: “Im Juli blühen die Linden und in der ganzen Stadt spürt man ihr süßes Aroma.”

Alte Holzarchitektur

Verlässt man die Altstadt mit ihren bunten Fassaden und unternimmt eine Forschungsreise durch Riga, trifft man auch auf Bauwerke im Zuckerbäckerstil, wie das 108 Meter hohe Haus der Wissenschaftsakademie oder das Gebäude des einstigen Flughafens Riga-Spilve. Vereinzelt lassen sich noch emporragende sowjetischen Denkmäler entdecken.

Riga: die Perle des BaltikumsDer Konstruktivismus ist mit dem Laborgebäude der Dieselagregate-Fabrik zugegen; moderne Glasbauten, wie die Nationalbibliothek “Schloss des Lichts” und ein Fragment der Berliner Mauer sind hier ebenfalls vertreten.

Solvita schwärmt noch von der Holzarchitektur:

“Passiert man die Brücke”, sie meint die Vanšu-Schrägseilbrücke über den Düna, “landet man in nur 20 Minuten in einer komplett anderen Welt.

Alte Holzhäuser, kleine Straßen, Gärten mit Apfelbäumen und Flieder. Dort, in dem Stadtbezirk Āgenskalns findet der Samstagsmarkt statt, bei dem sich Maler und Handwerker, mitunter ich, versammeln. Hier herrscht eine besondere Atmosphäre.”

Kur- und Badeort Jürmala

Die schönsten Beispiele der alten Holzarchitektur zeigen sich insbesondere in Jūrmala.

Riga: die Perle des BaltikumsFür 1,43 Euro kann man innerhalb von 30 Minuten mit der Bahn, Majori – das Zentrum von Jūrmala am Rigaischen Meerbusen der Ostsee – erreichen.

Jūrmala, ein Kur- und Badeort, besitzt einen langen weißen Strand, Dünen, Nadelhölzer, unzählige Souvenirläden und Kioske entlang der Hauptstraße.

Das Gold der Ostsee als Souvenir

Riga: die Perle des BaltikumsAuch Solvita verkauft hier ihre Kunstwerke an Touristen aus Europa, darunter Deutschland und Skandinavien, auch aus Japan, den Vereinigten Staaten und Russland.

Die kleinen Läden und Restaurants wechseln sich ab mit imposanten Holzvillen aus der Zeit der Jahrhundertwende, errichtet in den Stilelementen des Jugendstils, Klassizismus und Romantik.

Riga: die Perle des BaltikumsDie Touristen kaufen gerne Bernstein, das Gold der Ostsee, den man seit Sowjetzeiten mit Lettland assoziiert und natürlich den berühmten Rigaer Schwarzen Balsam.

Dem traditionellen Likör aus Kräutern, Beeren, Blüten und Ölen werden Heilkräfte zugesprochen.

Riga: die Perle des BaltikumsZu den kulinarischen Besonderheiten zählt auch der Roggenbrot-Joghurt. Und natürlich die exotische auf Kohlen zubereitete Carnikavas Neunaugen, die man auf dem riesigen Zentralmarkt Riga findet, auf dem Areal der ehemaligen Zeppelin-Hangars.

Text und Fotos: Alexandre Sladkevich

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